2017/5 Japan-Chinareise: Die jungen und wilden Töpfer von Takeo

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Ein Tag bei den jungen wilden Töpfern von Takeo.

Der frühe Morgen beginnt mit Regen. Nicht etwa mit gewöhnlichem Regen. Mit japanischem Regen. Wer einmal die Reiseberichte des niederländischen Schriftstellers Cees Nooteboom gelesen hat, weiß welch zentrale Bedeutung der Regen für die Landschafts- und Lebenskultur Japans hat. Mir ist das heute morgen egal. Es regnet ununterbrochen und heftig. Wir ordern für den Tag ein Taxi.

Der Töpfer lebt nicht in der Stadt, er lebt auf dem Land. Und er lebt nicht irgendwo auf dem Land, sondern an Orten, an denen sich Hase und Igel gute Nacht sagen. Der Fahrer kann natürlich kein Englisch, wir kein Japanisch. Aber wir haben Karten mit englischen und japanischen Bezeichnungen. Es dauert bis die erste Töpferadresse einigermaßen „geortet“ ist. Es ist ein älterer Fahrer. Es gibt kein Navi. Wir fahren raus aus Takeo Richtung Arita. Da kommen wir eigentlich her. Wir fahren, es regnet. Gut für die japanische Landschaftskultur. Fünf Kilometer vor Arita, da kommen wir eigentlich vom Vortag aus her, wir sind irritiert, biegt der Fahrer links ab. Es geht in die wunderschön grün bewaldeten Berge. Die Straßen werden schmaler.

Dann hält der Fahrer an. Er telefoniert. Auf unserer Karte gibt es zwar keine Adressen, dafür aber Telefonnummern. Er erreicht niemanden. Er fährt eine Kreuzung zurück und biegt ab. Die Straße wird noch schmaler. Es geht bergauf. Dichter Wald an beiden Seiten. Es regnet. Es regnet sehr stark. Es regnet heftig. Der Fahrer fährt an einem kleinen Haus vorbei, stoppt, wendet, hält. Es brennt Licht. Es ist morgens um Elf, es ist nicht wirklich hell und es regnet. Wir steigen aus und rennen die wenigen Meter auf die Veranda. Die Hose ist schon fast naß. Wir klopfen, treten ein und treffen: HIROAKI BABA.

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Hiroaki Baba ist einer der neuen jungen Töpfer aus dem Umkreis von Takeo. Halblanges schwarzes Haar, offenes fröhliches Lachen, wir sprechen miteinander, kommunizieren, ohne dass er Englisch und wir Japanisch können. Seine Hände spielen mit den Schalen wie ein Basketballprofi. Er hat Spaß und richtig gute Laune, so früh am Tag. Draußen regnet es. Ward ihr das, die eben angerufen haben? Er fragt mit Händen und Füßen und ein paar Brocken Englisch. Ja. Ich war zu spät. Wir sind froh das er da ist.

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Er gestikuliert und spricht minutenlang über die Glasur der schwarz - weißen Schale. Schlangenhaut, irgendetwas von Skorpion schnappe ich auf, wobei ich im Grunde dabei bin Fotos zu machen, Jiri sucht aus. Die Schlangenhaut - Skorpion - Glasur ist einfach groß.

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Ein Teller mit traditioneller Karatsu - Glasur, Seladon.

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Teller mit einem Pflaumenblütenmotiv.

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Das Zentrum der Werkstatt.

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 Chawan mit einer Schlangenhautglasur von Hiroaki Baba.

Wieder gehts ins Taxi. Wir fahren Richtung Norden. Die Landschaft erscheint immer ländlicher. Bewaldete Hügel, Wiesen, Bäche, schmale Straßen, wir fahren und fahren. Der Scheibenwischer leistet große Arbeit. Wir biegen ab in einen geteerten Feldweg, breit genug für ein Auto. Es kommt uns niemand entgegen. Wir wissen nicht, ob der Fahrer die Adresse wirklich verstanden hat. Es ist uns auch egal. Draußen regnet es dicke Silberstreifen. Cees Nooteboom findet das gut. Der Regen ist Teil der japanischen Kultur, der Regen, die Stille, das Tröpfeln. Aber es tröpfelt nicht, es schüttet. Wir fahren rechts den Berg hoch. Ein schmaler Weg. Es ist ein sehr schmaler Weg. Zum Glück sehen wir ein paar Häuser im Regendunst. Oben liegt ein Haus ganz malerisch am Hügel, mitten im Grün. Dort halten wir. Es ist der Ort wir sich Hase und Igel gute Nacht sagen, aber der Fahrer hat vorher telefoniert, es ist jemand da. Wir halten, öffnen die Türen, springen in ein paar Sätzen auf die Veranda und uns erwartet: WATASHIMA YASUHIRO

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Wir werden ausgesprochen freundlich empfangen. Die kleine Tochter ist aufgeregt und klammert sich an die Beine vom Papa. Später hilft sie beim Servieren vom Tee. Eine schöne Atmosphäre, geprägt von Harmonie und Ruhe. Der Ausstellungsraum ist mit Tatamis ausgelegt, wir ziehen die Schuhe aus, sprechen, gestikulieren und erfreuen und an dem freundlichem Empfang und seinen großartigen Töpferprodukten.

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Eine große Schale mit den klassischen Stempelmustern. Karatsu - Stil, beeinflußt traditioneller Korea - Töpferarbeit.

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Die handgeschnitzen Stempel, die WATASHIMA YASUHIRO für einen Teil seiner Arbeiten benutzt. Die Stempelblume werden in dn Ton gepreßt. Dann wir eine milchig weiße Glasur aufgetragen. Diese setzt sich in die Stempelritzen. So ensteht die Muster auf der Oberfläche der Objekte. Die Stempeltechnik stammt aus der alten koreanischen Töpfertradition.

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Es wurde grüner Tee serviert. Wir suchten einzelne Stücke von WATASHIMA YASUHIRO aus.

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Eine leicht asymetrische Teeschale im fast klassischem Karatsu - Stil.

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Ein Tablett mit den Stempelblumen und gemalten Blumen. Die Ruhe und Stille dieses Ortes in einer quadratischen Form schlicht und klar ausgedrückt. Ohne Regen.

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Der Arbeitsplatz in der Werkstatt.

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Eine andere Form der Karatsu - Tradition in diesem Schaleninnenleben. (Kohiki - Karatsu)

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Eine typische Schale von WATASHIMA YASUHIRO. Blaugraue Glasur, Stempelblumen, darüber die weiße Glasur.

Der Weg führt den Berg hinunter. Einmal fährt der Fahrer fast auf eine Familienauffahrt, besinnt sich aber noch rechtzeitig. Man kann nicht sagen das der Regen aufgehört hätte. Es ist eher so, dass seine Intensität noch zunimmt, was nicht vorstellbar war. Lehmgelbe Bäche fließen die schmale Straße hinunter. Wir sind froh wieder etwas ins flache Land zu kommen. Der letzte Töpfer für heute ist nicht leicht zu finden. Ans Telefon geht niemand. Wir parken. Es gießt nicht, es strömt. Der Fahrer steigt aus, mit Schirm, im weißen Hemd. Er steht regungslos vor einem Haus. Er steht unter seinem Schirm und tut nichts. Er geht nicht die Treppen hoch, er steht und wartet. Liebt er den Regen? Dann nach Minuten, geht er die Stufen hoch, kommt wieder hinunter, trifft einen alten Mann, fragt, der zeigt die Stufen hinauf. Wir springen aus dem Auto, springen die Stufen hinauf, die Steine sind sehr glatt. Der Regen hat eine Dichte wie Lametta am Tannenbaum angenommen. Wir schellen, es öffnet: SIGETOSHI MATSUO

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Zwei Becherpaare, sie sind organisch geformt und haben eine schöne Haptik.

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Chawan, rosé - blaue Glasur

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Chawan, klassisches Motiv

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Chawan: blau, braun, gold

Zurück im Hotel. Wir wollen aufs Zimmer. Wir bekommen vom Chef der Rezeption den Schlüssel nicht. Er spricht leider nur marginal Englisch. Wir verstehen nicht. Ich habe meinen Schlüssel und will mich durchmogeln. Was ist los? Der Chef der Rezeption deutet auf Tisch und Stühle. Wir sollen bitte Platz nehmen, Kaffee? Wollen wir Kaffee? Niemand versteht. Es kommt eine elegante Dame in Schwarz: „darf ich Sie zu einem Kaffe einladen“. Ich erwarte Englisch, habe aber Deutsch gehört, und zwar ziemlich gutes Deutsch. Es ist Akiko Maeda, auf der Visitenkarte steht „Landlady“. Sie ist die Frau vom Chef des Hotels. Wir haben genug vom Regen und haben Lust auf Kaffee.

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Akiko Maeda stammt aus Kobe, hat die Erben des Hotels Kyotoya geheiratet und hat vor dreißig Jahren eine Sprachschule in Kassel besucht. Sie spricht ein schönes Deutsch, das von Minute zu Minute besser wird. Am Anfang beendet sie jeden Satz mit „vielen Dank“ wie im Japanischen. Nach fünf Minuten Kommunikation ist sie ganz deutsch, ohne „vielen Dank“.

Akiko Maeda erklärt uns eine alte Spieluhr.

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Das Hotel KYOTOYA ist im jähr 1910 gegründet worden und man hat einiges an Mobiliar und Einrichtung erhalten, zumindest in der Empfangshalle. Drei Spieluhren, ein Harmonium und ein Grammophon Marke „Regina“. Der Chef der Rezeption ist auch Grammophonbeauftragter. Er dreht die Kurbel mit ernster Miene, es erklingt eine Originalmetallplatte mit der Musik von Duke Ellington. Das klingt sensationell durch den Holztrichter.

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Wir trinken eine coldbrewed Kaffee aus einer alten Kalida. Der Kaffee läuft 8 Stunden durch.

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Unsere Reisefreunde und Akikdo haben eine Menge Spaß miteinander und gehen am Ende zusammen einkaufen. Naja, alle auf einem Bild und der junge Angestellte zählt: eins, zwei drei cheese auf Japanisch. So sieht das eben aus.

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Ein neues Ikebana-Gesteck in der Empfangshalle.

 

 

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