2019/3 Taiwanreise:
Vom Aufstellen einer Ixingkanne oder, hier heißen doch alle Wu.
Ich wache kurz vor Sonnenaufgang auf mit einem Alptraum, der mich rastlos doch die Straßen rasen läßt. Draußen ein wild beginnendes Konzert der Tropenvögel. Zwei Hähne im eifrigen Wettstreit miteinander. Die haben bestimmt schon früher angefangen. Über den Wipfeln des Regenwalds steigt schnell die Sonne auf.
Ich sitze für eine halbe Stunde. Es kommt die Ruhe, obwohl alles um mich pfeift und schreit. Lärm ist ein durchaus relativer Begriff. Für mich entsteht jetzt Friede.
Dann beginne ich den Text für den Blog des vergangenen Tags zu schreiben, draußen in der Frühmorgensonne, über den Wipfeln des Regenwalds.
Der Seerosenteich vor einem Nebengebäude.
Heute zeigt uns Zao Jie das Aufstellen einer Ixingkanne. Gemeint ist das Modellieren einer klassischen Ixingkanne in einer Form. Hier einige Kannen von Meister Jie.
Es beginnt mit dem Klopfen von Ton. Jie benutzt großen und berühmten Ton. Er sagt aber, das sein Ton nicht ganz an die Qualität des Tons der Künstlerkannen von Sun Chao oder ähnlichen Künstlern heranreicht.
Der Ton wird formgerecht geschnitten. In der Folge werden wir sehen, das viele Arbeitsschritte ganz ähnlich dem Arbeitsablauf einer rein geklopften Kanne sind.
Was ist also der Unterschied?
Hier klopft Jie den Boden der Kannen oder den oberen Verschluss.
Die beiden Teile der Gipsform, in den der von Jie gefertigte Rohling der Kanne geformt wird.
Es wird von einem Handwerker unter Mitarbeit von Jie eine Gipsform von einer klassischen Ixingkanne hergestellt. Die Erstellung dieser Form erfordert eine sehr genaue Arbeit vom Handwerker wie auch vom Kannenmeister. Das Modell wird massiv gegossen und dann, wie bei der Arbeit eines Bildhauers, ausgearbeitet. Es erfordert eine kluge Gedankenarbeit und eine gute zusammenarbeit zwischen Modellhandwerker und Jie, um die exakten Linien für eine große Ixingkanne im Modell abzubilden. Es ist ein anderer kreativer Prozeß als der eines Sun Chao, der ein Kannenmodell neu erfinden und designen muss. Die Aufgabe liegt darin eine perfekte Form mit natürlichem Linienverlauf zu erstellen. Also das Werkzeug für eine perfekte Kopie herzustellen. Eine andere Art handwerklicher Kreativität.
Links das Gipsmodell, rechts die Kanne, so wie sie werden soll. Die Idee von den modellierten Kannen gibt es seit den 50er Jahren.
Die Gipsform für den Deckel. Es gibt auch die Möglichkeit, eine Form für Tülle und Henkel zu erstellen. Jie macht dies hier allerdings von Hand.
Das Zusammensetzen des Korpus mit der Nahtstelle, genau wie bei der Künstlerkanne.
Das Verschließen der Fuge mit feuchtem Ton. Von den kopierten Kannen kann Jie am Tag etwa drei Kannen herstellen.
Das Shaping der Kanne, die „Schultern“ entstehen. Ebenfalls wie bei der rein handgeklopften Kanne.
Der Korpus der Kanne kommt in die Form.
Jie schließt die Form.
Jie füllt vorhandene Lücken durch das Mittelloch der Form mit Ton.
Der Deckel wird in die Form gepresst.
Auch hier wird Ton nachgepreßt.
Der fertige Kannenkörper, der aus der Form kommt. Er hat jetzt die präzise Form der Kanne, die kopiert werden soll.
Mit dem Zirkel wird das Oberteil ausgemessen und dann ausgeschnitten.
Hier wird das Oberteil mit Ton "aufgeklebt".
Jie hält die Tülle per Hand an.
So ist die Kanne fast fertig. Sie muss noch zusammengesetzt werden und ein Loch für den Deckel ausgeschnitten werden.
So wird unsere aufgesetzte Kanne, die aus der Form modelliert wurde einmal aussehen. Und zwar exakt so. Das ist der Vorteil der Modellierarbeit mit Form. Das Modellieren kann einzelne Schritte vereinfachen. Eine Kanne ist exakt reproduzierbar. Von einem Modell können 40-50 Kannen hergestellt werden. Dann muss das Modell erneuert werden. Die Kanne wird dann 16 Stunden gebrannt, zwei oder dreimal. Zinikannen werden bei ca. 1100 Grad gebrannt . Djunikanne etwas weniger heiß.
Der Unterschied: die modellierte Kanne ist exakt reproduzierbar, obwohl die einzelnen Fertigungsschritte eine ähnliche Handarbeit und Geschick erfordern, wie die Herstellung einer Künstlerkanne, also einer komplett geklopften Kanne.
Der Unterschied ist, die Künstlerkanne ist ein originärer Entwurf, immer. Sun Chao fertigt von einem erdachten Modell nur ungefähr sechs Variationen an. Die Gedankenarbeit ist eine andere. Der kreative Akt liegt im Entwurf, in der Auseinandersetzung zwischen Tradition und Moderne, in der Ideenkraft der Gestaltung. Das fehlt bei der modellierten und aufgesetzten Kanne. Hier liegt die Kreativität in der Gestaltung einer exakten und präzisen Form. Eine andere Herausforderung.
Das Ideal für Zao Jie ist die Stimmigkeit zwischen Körper, Tülle und Henkel.
Zwei Kannen von Wu Dong Jin. Es ist die Schwester des Großmeisters von gestern.
Tom will eine Kanne kaufen und fragt: was kostet die Kanne von Wu? Menglin: welcher Wu? Tom: hier heißen hier doch alle Wu.
Zwei Kannen von Wu Li Chen. Die rechte steht in unserem Teehaus.
Der Beginn eines großen Japanessens in Yilan, Sashimi.
Es ist ein Tepannyaki-Restaurant. Hier die Seebrasse auf der heißen Platte.
Es gibt viele, viele Gänge. Gegen Ende Angusrind der Premiumklasse, zertifiziert, unfassbar. Ein ganz großes Essen für fast vier Stunden.
Der Nachtmarkt in unserer Nähe.
Ein Stand mit der längsten Schlange. Sie verkaufen Teigtaschen.
Jiri, Miguel und Dörte werfen auf kleine Luftballons. Dörte triff vier. Miguel semmelt vier alle knapp neben denselben grünen Ballon. Preise haben wir nicht gekriegt, Spaß schon, oder?
Die Beiden können wieder essen. Ich nicht. Jiri auch nicht.
Gute Nacht Deutschland. Morgen sind wir in Mingjian bei der Ernte undvor allem bei der Produktion eines großen Oolongs. Mal sehen ob das Wetter mitspielt.