Unsere Tee - Entdeckungen 2020
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Dieses denkwürdige Jahr 2020 klingt aus. Wie hat es uns alle durchgerüttelt und vermeintliche Gewissheiten in Frage gestellt? Das Teehaus Cöln konnte zum Glück das ganze Jahr über geöffnet bleiben und wir haben einige großartige Tees entdecken dürfen, auf die ich heute zurückblicken möchte.
Im März konnten wir eine Rarität aus den Li Shan-Bergen erwerben, den "Li Shan Xue Pian Snow Flakes Singing", ein Schnee-Oolong, produziert nach Frost und Schneefall. Von diesem Ausnahmetee haben wir jetzt noch eine kleine Menge kaufen können. Ein wahrer Schatz aus einer Spitzenlage. Bislang hatten wir nur von einem angeblich sensationellen Xue Pian aus Li Shan von 2007 gehört. Gesehen hatten wir diesen Tee nie. Der Duft erscheint wie feinstes Backwerk. Weit, offen und still wie eine Landschaft unter feinem Pulverschnee, so zeigt sich die Struktur dieses Xue Pian. Auch auf der Zunge stellt sich die Süße von feinem Gebäck ein, ein wenig Marzipan dazu etwas elegant Fruchtiges, vielleicht Melone. Kräuternoten schmiegen sich an Zunge und Gaumen. Ein Tee wie tanzende Schneeflocken, die ein kaum hörbares Lied singen und dann schmelzen.
Im April und Mai haben wir Ihnen fantastische Shincha-Tees vorgestellt, die leider ausverkauft sind. Allerdings haben wir noch die meisterhaft produzierten Senchas von Teebauer Masui aus Shizuoka im Sortiment. Klarer und präziser kann Sencha nicht sein. Ein absoluter Spitzentee ist der „Kawane Sencha Premium Koshun“ aus den Honyama-Bergen in Shizuoka. Ein wunderschön nadeliges Blatt von tiefem Grün mit frischem und leichtem Duft. Auf der Zunge finde ich Mirabelle, Pfirsich und die leichte Herbheit von frischem Salz.
Im August hatte ich an dieser Stelle von Meister Toheis "Gyokuro Meister Tohei Silver Bell" geschwärmt. Die Tees von Meister Tohei gewinnen alljährlich die höchsten Preise bei der Tea-Competition. Seitdem ich ihn 2018 kennenlernen durfte, ist meine Wertschätzung für seine Arbeit noch gestiegen. Seine Begeisterung für seine wunderbaren Pflanzen, für seine selbst hergestellten Reisstrohmatten und sein herzhaftes Lachen steckten an. Wir sind überglücklich, Ihnen noch eine kleine Menge dieses herausragenden Gyokuros anbieten zu können. Der Tee hat ein schönes, feines und tiefgrünes Blatt. Sein Duft erinnert an hellgrüne Frühlingsblätter nach einem Regen. Auf der Zunge entfaltet dieser Gyokuro ein zartes Bouquet von gelbem Steinobst und roten Beeren und auf der Zungenspitze die Süße von Kandis. Cremig und butterweich schmiegt er sich an den Gaumen. Für uns ist es der beste Gyokuro von Meister Tohei, den wir bislang getrunken haben, überwältigend.
Im Oktober habe ich ihnen Meister Chens "White Oolong Meister Chen" vorgestellt, ein Husarenstück. Chen produzierte einen Oolong mit sehr langer Welkzeit, wie bei einem weißen Tee. Das Ergebnis ist herausragend und für mich eine der großen Entdeckungen 2020. Ganze zwei Tage lang ließ er das Blattgut welken, wie es in Yunnan beim weißen Tee gemacht wird. Danach wurden die Teeblätter mit flachen Bambuskörben drei Stunden lang kunstvoll hochgewirbelt, wodurch sie mit viel Sauerstoff in Berührung kamen. Das Ergebnis ist eine Sensation: Hell und klar wie Kristallzucker, feine Kräuter- und Honignoten – eine herrliche Komposition aus Luftigkeit und Süße. Ein neuer Typ Oolong.
Im November ging es um den „Sencha Kouju“ von Teebauer Takahashi in Shizuoka. Mein Kollege Marc Saffari und ich waren begeistert von diesem Feuerwerk in Grün; große Handwerkskunst wie der weiße Oolong von Atong Chen. Der Tee hat ein schön geformtes, nadeliges, tiefgrünes Blatt. In der Tasse leuchtet er grün und verströmt einen floralen, frischen Duft. Auf der Zunge erscheint der Kouju offen und klar mit weicher Textur. Es dominieren Noten wie grüner Spargel und Algen, während sich das Bild eines tiefgrünen Waldteichs einstellt. Im Hintergrund erscheint eine feine Meersalznote und im Nachklang tauchen noch Orangenzeste und süße Mandarine auf.– Ein großartiger Sencha von Meister Takahashi!
Im letzten Newsletter haben wir Japantees aus der nationalen Tea Competition vorgestellt, die wir zum Abschluss des Teejahres 2020 erwerben konnten. Hervorheben will ich hier den spektakulären „Yame Gyokuro Goko“. Er wurde sechs Wochen lang beschattet, sein Blatt ist fein, nadelig und tiefgrün. In der Tasse erstrahlt er in einem herrlichen Lindgrün. Ein heller und weiter Tee. Ich schmecke das Grün und eine feine Süße. Samtig weich schmeichelt er dem Mundraum und die süßen Fruchtnoten wechseln zwischen Pfirsich und Aprikose. Nach einem Moment der Stille taucht unvermittelt die Süße reifer Orangen auf, sensationell. Ein Grüntee der Extraklasse, zurecht prämiert bei der diesjährigen Tea Competition.